Familie der geflügelten Tiger

Wie ist es, wenn man keine Erinne­rungen hat an den eigenen Vater? Und keine an das Land namens DDR, in dem man geboren wurde? Wenn man auf das Gedächtnis anderer angewiesen ist, um die eigene Geschichte zu verstehen?

Schon als Kind hatte Johanna eine Vorliebe für Landkarten, die die Welt überschaubar machten. Nach dem Abitur ist sie aus der Uckermark nach Berlin gezogen, wo sie zum Ärger ihrer Mutter eine Ausbildung zur Straßen­bahn­fahrerin macht. Mit Reiner, ihrem Ausbilder, bewegt sie sich durch das wohlge­ordnete Linien-netz der Großstadt und lacht über alte DDR-Witze, ohne sie zu verstehen. Mit Karl, dem elternlosen Welten­bummler, beginnt sie eine Affäre. Ihr Vater Jens hat die Familie kurz vor dem Mauerfall verlassen, da war Johanna zwei. Außer einer Postkarte an der Wand erinnert nichts an ihn. Doch dann ruft Jens an, und Johannas Lebens­kon­strukt gerät ins Wanken. Plötzlich gibt es zahlreiche wider­sprüchliche Versionen seines Verschwindens. Ist er geflohen? Wurde er verhaftet? Hatte Johannas Mutter etwas damit zu tun oder gar Honeckers Kranken­gym­nastin? Paula Fürstenberg erzählt zart, lakonisch und voller feinem Humor von einer berüh­renden Vatersuche, von blinden Flecken, biogra­fischen Brüchen und von der Notwen­digkeit, eine Geschichte zu haben, in der man sich einrichten kann.

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